Klares Wasser bedeckt die kantigen Steine und Felsen, sollte der See jemals austrocknen, ein Gebirge für sich. Kurvige Wellen brechen den Spiegel, in dem das Bergmassiv dahinter angedeutet ist. Bevor er spitz zu läuft, gibt es eine seichte Passage, auf der die gelbe Blumenwiese mit lila Tupfen im Wasser mündet, während sich zwei von der Natur geformten Pfade aus Kies den Abhang hinauf schlängeln.
Neben mir auf dem Stein, der zur Hälfte im Wasser, zur Hälfte an Land schläft und in verschieden Grün- und Grautönen gefleckt ist, hat eine Fliege ihre letzte Ruhe gefunden und schlummert friedlich unter der Sonne –Kreislauf des Lebens
Der Pfad führt über einen kleinen Bach, auf dem ich von einem Stein zum nächsten Hüpfe, während unter mir kühles Wasser von den Gipfeln entlang rauscht um sich im See erwärmen zu lassen. -Kreislauf des Wassers
Ein bewaldeter Streifen um und auf einer kleinen Region von Felsen zwischen mir und dem Gipfeln lässt mein Ziel in weiterer Ferne erscheinen.
Nicht das beste Wetter eine Wanderung, aber genau richtig für die Natur zum Präsentieren ihres Meisterwerks. Hinein geht es in das Dickicht aus Bäumen, steinig und schattig weiter Bergauf. Ein Pfad aus Steinen, der so perfekt und praktisch erscheint, dass man nicht glaube könne, er sei von Mutter höchstpersönlich erbaut, führt mich wieder ins Sonnenlicht. Die Treppenstufen aus Stein bilden eine kleine Straße den Hang hinauf, durch das sonst so dichte Feld aus kleinen Sträuchern.
Ein paar Meter entfernt vom Wanderpfad erblicke ich einen Ort, der geradezu nach mir ruft. Also schlage ich einen kleinen Kurswechsel ein und strackse ein wenig durchs Gestrüpp. Noch einen schmalen Felsvorsprung hinunter und schon bin ich da.
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-Ich stehe bei 27°C Außentemperatur in Italien auf dem Gipfel eines massiven Berges mit nacktem Fuße im Schnee
und erfreue mich des Lebens-
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Vor mir erstreckt sich das Tal, welches jedoch nicht lange anhält, denn die Gebirgskette zieht sich rings um mich herum im Kreis und auch dahinter erblicke ich bis zum Horizont nur die Umrisse abgerundeter Hügelspitzen. Die Farbpalette reicht von dem Weiß unter meinen Füßen ins Grau verschwimmend, über helle und dunkle Grüntöne ins Braune abschweifend, bis hin zum blau der dünnen Luft am Horizont und dem strahlendem Himmel über mir. In der Ferne auch ein, zwei kleine Bergdörfer in bunteren Farben aus den Baumwipfeln am Hang heraus ragend.
Um die Ecke schon die nächste Augenweide. Direkt am Wegesrand eine ausgewachsene Pfütze in einem Gebirgsbecken, fast schon einer kleiner See zwischen den Felsen versteckt. Die braunen Algen unter der Oberfläche beweisen aber, dass das Wasser hier wohl mindestens die meiste Zeit des Jahres hier verweilt.
Am Gipfel angekommen. Nur noch wenige Meter bis zum Kamm blicke ich mich um und das volle Ausmaß der Schönheit des Panoramas überfällt mich geradewegs von hinten. Und während ich die letzten Schritte mache, denke ich mir wie schön die Natur doch nur sein kann, aber als ich dann auf dem schmalen Streifen, der Bergspitze stehe, erschlägt es mich ebenso und noch mehr von vorne.
Bergketten reihen sich in Grün und Blau hintereinander bis zum Horizont und noch weiter. Beflügelt wird dieser Anblick noch von dem scharfen Wind, der über die Gipfelkante schießt. Doch wenn sich die, in Gelb und gefärbten Bergblumen neben mir davon nicht beeindrucken lassen, kann ich genauso sicher und standfest der Böe entgegentreten. Tausendachthundert und ein Meter sind es, die mir diesen einmaligen Ausblick selbstlos überlassen.
Gerade an diesem Morgen wurde ich noch gefragt, warum ich denn überhaupt und immer noch wandern gehen wolle und in diesem Moment wusste ich selbst nicht mehr ganz so recht. Doch wie sonst sollte ich zu diesen unglaublichen und einzigartigen Orten auf dieser Erde gelangen und für einen kurzen Augenblick gänzlich zum Teil der Natur werden?
Von hier aus ging es für mich weiter auf dem immer schmaler werdenden Bergkamm entlang, an dem zu mal auch geklettert werden muss. Vorbereitet auf solch einen Körpereinsatz war ich nicht, nehme es aber wie es kommt. Auf der linken Bergspitzen bis zum Horizont, auf der rechten Seite Wälder und Seen, die auf den Hängen der Bergspitzen bis zum Horizont Platz genommen haben. Nichts könnte diesen Moment noch schöner machen.
Außer Kaffee. Und den reiche ich mir auch sogleich bei einer Verschnaufpause im Schatten eines Felsens. Nicht der vorzüglichste Kaffee den ich je getrunken habe, aber definitiv der grandioseste Ort, an dem ich ihn je verzehren durfte.
Diese Impressionen wurden noch auf dem Gipfel geschrieben, für die folgenden Zeilen melde ich ein paar Stunden später. Nach dem Kaffee in windiger Höhe wurde aus diesem idyllischem Spaziergang, nicht nur eine wirkliche Wanderung, sondern eine waschechte Bergebesteigung. Die Einzelheiten will ich an dieser Stelle nicht nennen, da ich weiß das meine besorgte Frau Mama diese Erzählungen ebenfalls liest und ihren Seelenfrieden bewahren möchte. Nur so viel sage ich: Ich war nicht vorbereitet auf solch eine Erklimmung und stellenweise hätte man wahrscheinlich zumindest ein Sicherungsseil gebraucht um auf geborgenem Wege die Wanderung zu meistern. Nichtsdestotrotz bin ich gute fünf Stunden nach meinem Start, wieder sicher an meinem Auto angekommen und habe mir vorher sogar noch schnell eine kurze Erfrischung im zweiten Bergsee, der auf der anderen Seite des Gipfels gewartet hat, gegönnt. Eine wundervolle und ebenso lehrreiche Erfahrung, bei der ich auch mal meine Grenzen antesten konnte. Und das alles mit einzigartigen Ausblicken auf eine wunderschöne Seite Italiens, fernab von den Städten und jeglicher Zivilisation.
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Ich vertrau auf Deinen Instinkt und gönne Dir jede Deiner Erfahrungen. Das Leben ist aufregend, schön, gefährlich, anstrengend aber vor allem überraschend. Und das ständig. H.D.L.
Hi Ben,
toll, wie deine Frau Mama das sieht. Und prima, dass deine Neugier und deine Sportlichkeit es dir ermöglichen, diese Strapazen auf dich zu nehmen. Solche Erlebnisse – was für eine schöne, einprägsame Belohnung!
Ibn…