Mein Ziel für den Tag setze ich mir wieder spontan am Frühstückstisch und so zog ich weiter in die Geburtsstadt Wolfgangs. Der erste Eindruck von Salzburg hat mich gewaltig getäuscht, denn als ich so in die Stadt einfuhr, konnte ich nur an eines Denken. Und zwar, dass Mozart sich zum Aufwachsen ein ziemlich unanschauliches Örtchen ausgesucht hat. Und auch, als ich den Aufstieg auf den Kapuzinerberg hinter mich gebracht habe und über die Dächer der Nordseite blicken konnte, war ich ein wenig verwundert über das unästhetische Bild, was mir dort zu Füßen liegt. Doch als ich dann in der Altstadt angelangt bin, war es, als trete ich in eine andere Welt. Über die Staatsbrücke ging es durch die Steintore, zwischen den Häuserfassade eingeschlagen, in historische Gassen, erhalten aus einem gänzlich anderen Zeitalter. Zwar wurden die Innenräume mit modernen Klamotten- und Restaurantketten gefühlt, aber das äußerliche Bild der Häuserschluchten wurde dicht an der Salzburger Tradition erhalten. Neben den großen Marken findet man aber auffällig viele kleine Boutiquen und lokale Einzelhändler in den Läden, die original österreichische Produkte vertreiben. Ich war gerade auf dem Weg vom Geburtshaus Mozarts zu dem nach ihm benannten Platz, als ein massives Sommergewitter über den Köpfen der Salzburger einbrach. Die noch leicht zu ignorierenden ersten paar Regentropfen verwandelt sich bald in Eimer voll Wasser und ich musste von Überdachung zu Überdachung durch die kleinen Gassen huschen. Ich konnte dennoch bis zum Residenzplatz vordringen, welchen die Naturgewalt menschenleer gefegt hat. In seichtem Regenguss stand ich also in kompletter Einsamkeit auf dem riesigen Platz, um den Brunnen aus Barockzeiten zu bewundern. Trotz der Nässe ein einzigartiges Erlebnis. Der Regen zeigte nun aber, dass er in keiner Weise von Dannen ziehen wollte, also machte ich mich, weiter auf der Hut, wieder auf in Richtung Parkhaus. Auf dem Hinweg hatte ich sowieso ein Café gesichtet, welchem ich noch einen Besuch abstatten wollte. Es schien nach einem sicheren Plan, eine Melange in gemütlicher Atmosphäre und dann auf mit dem Van, weiter in Richtung der Alpen. Doch auf meinem Weg zu besagtem Café ließ der Herr alles auf mich herab, was ihm zur Verfügung stand und so kam ich tropfend von Haar bis Hose zu meinem Ziel. In diesem Aufzug konnte ich natürlich nicht den Innenraum betreten, den Koffeinschub wollte ich jedoch unter keinem Umständen missen. Die netten Barista servierten mir den Cappuccino aber freundlicherweise nach Draußen und ich wurde vom Teilhabenden zum bewundernden Beobachter des Gewitters in Geborgenheit einer Markise. Dachte ich zumindest. Denn das Wetter hat sich mit rasender Wut gegen mich verschworen und alsbald kam ein Seitenwind mit ins Spiel, der mir die Regentropfen selbst unter der Überdachung von allen Seiten und Himmelsrichtungen um die Ohren geworfen hat. Ich wurde hineingebeten, wahrscheinlich weil die Ladenbetreiberin nicht mit ansehen konnte, wie ich dort auf der Straße meiner Würde beraubt wurde oder aber, weil sie ihre Markise in Sicherheit kurbeln wollten. Nun saß ich also in der sicheren Kaffeestube und durfte die anderen Gäste mit den an mir herabrutschenden Wassermassen belästigen. So langsam bildete sich eine Pfütze unter mir, also beschloss ich den Cappuccino in einem Ruck hinunter zu gießen und mich aus dem Staub zu machen. Eine skurrile Erfahrung, aber einer der besten Kaffees die ich je genossen habe. Am Auto angekommen war ich ganz froh, dass mein Kofferraum einen trockenen Kleiderschrank beinhaltet und eine Viertelstunde später saß ich wieder auf den Straßen Salzburgs. Diesmal im Trockenen. Erstmal raus aus der Stadt dachte ich mir, doch die anderen Autos hatten da auch noch ein Wörtchen mit zu reden und im prasselnden Regen stand ich wieder im grauen Neubaugebiet der Stadt im Stau. Als ich es endlich an die Ortsgrenze geschafft habe, hat der Regen sich zwar wieder verzogen, aber steckte mir immer noch in den Knochen. Ich sehnte mich nach Sommersonne und Natur, weg von städtischem Lärm und Dreck. Beim Blick auf die Karte im Navi, das mich eigentlich in Richtung Innsbruck führen wollte, viel mir da ein kleiner Ortsname am unteren Rande ins Auge und sowohl mein Entschluss, als auch mein Blinker waren sogleich gesetzt. Venedig, Süden, Hauptsache Italien! Eine Entscheidung die ich nicht eine Sekunde lang bereuen würde, wie sich später herausstellte. Mit dem Vorwand während der Fahrt die Natur genießen zu wollen, aber wohl auch ein wenig dem Geiz über die doppelten Mautkosten in Österreich und Italien geschuldet, stellte ich Autobahnen für die Navigation aus und machte mich auf den Weg über die Alpen. Zu meinem Bedauern musste ich deshalb noch einmal die deutsche Landesgrenze übertreten und meinen Weg durch ein weiteres Bundesland machen, das ebenso wie Sachsen, von allen guten Geistern verlassen ist, doch alsbald glitt ich wieder auf den Straßen Österreichs entlang. Die, von tiefgrünen Bäumen bedeckten Berge neben und über mir hoben meine Laune gewaltig und alle paar hundert Meter grüßte mich die ‚Saalach‘ zu meiner Rechten. Ich überquerte eine Brücke im Örtchen Lofer und musste bei der Schönheit des wilden Flusses, der sich inzwischen in die ‚Salzach‘ verwandelt hat, abrupt anhalten. Eigentlich nur um ein Foto zu machen, stellte ich mich auf die Brücke und dem Wasser entgegen. Daraus wurde dann aber eine etwas ausgedehntere Wanderung entlang der rauschenden Massen. Und es hat sich jeden einzelnen Schritt gelohnt! Der Pfad führte durch verwachsenen Landschaft, immer direkt an der wilden Natur des Flussufers entlang. Eine wirklich idyllische Wanderung, nur ich alleine mit dem Wasserrauschen im Ohr, dem erfrischendem Geruch des Waldes nach einem Regenschauer in meiner Nase und lyrischen Gedanken im Kopf. Je weiter ich lief, desto skurriler wurden diese Gedanken jedoch, sodass das Endprodukt ein schlechtes Gedicht über meine Beobachtungen, in Alliterationen festgehalten, nach sich zog (Alles auf Alliterationen). Im Einklang mit der Natur, schwang ich mich wieder ins Auto und wollte noch ein paar Kilometer hinter mich bringen, bevor die Nacht einbricht. Am Rande der nördlichen Seite der Alpen kam ich dann irgendwann zu meinem Stellplatz für die Nacht. Ein paar hunderte Meter über dem Meeresspiegel, wartete ein malerischer Bergsee umgeben von massivem Gebirge, einladend auf mich. Sehr abgelegen und ruhig, nur eine einzige andere Familie mit Van hat sich zu diesem magischen Platz verirrt. Obgleich der Platz fast schon taghell vom Mond beschienen wurde und die glänzenden Sterne diesen Effekt noch bestärkten, konnte ich das wahre Ausmaß der Schönheit, die mich in ihre Mitte genommen hat, erst am nächsten Morgen so richtig greifen…
war der Bergsee zu kalt ,um einen Sprung ins Nass zu wagen ? Perfekt, wie Du deine Rastplätze auswählst ! Schade, das der Regen Dir weitere Eindrücke von dem schönen, alten Salzburg verwehrt hat. Aber es kommen noch viele, viele Andere !
Ob ich es doch gewagt habe, mich ins kühle Nass zu begeben, ist spätestens im nächsten Blogeintrag herauszufinden 🤓 🙂
Hallo Ben,
in (der Gegend von) Salzburg – was für ein Wechselbad der Gefühle! Die erste Begegnung auf dieser Reise mit der Naturgewalt ‚Regen‘ ließ mich fast mit dir über die Pfützen hüpfen!
Mach unbedingt weiter mit deinen „Alliterationen“ (und anderen Gedichtformenl). Dieses hier hat mir jedenfalls herrliche Bilder in den Kopf gezeichnet.Danke.
Ich bleibe neugierig.